Stations-Module

Als Ergebnis unserer Turing-Challenge publizieren wir an dieser Stelle die besten Offenen Lehrmaterialien zum Thema KI, die in diesem Jahr entstanden sind. Damit möchten wir einen faktenbasierten und kritischen Diskurs über den Umgang mit KI unterstützen und um Künstliche Intelligenz (KI) zu entmystifizieren, indem wir über Begrifflichkeiten aufzuklären und einen technischen Einblick in einige Verfahren zu geben, die zu KI gezählt werden.

Alle Beschreibungen, Arbeitsblätter und Materialien der im Rahmen der Turing-Challenge entstandenen Workshops findet Ihr als PDF zusammengefasst in unserer “Sammlung offener Lehrmaterialien”

Einführung in das Thema KI und Algorithmen

Um die Teilnehmenden (TN) in den Begriff des Algorithmus einzufühen haben wir auf unserer Tour mit zwei Einführungen gearbeitet.

Menschlichen Roboter programmieren

Das auf dem Foto dargestellte Modul bringt den Algorithmusbegriff nahe, indem ein menschlicher ‘Roboter’ vom Publikum ‘programmiert’ werden soll, um Wasser aus einer Flasche in ein Glas zu gießen. Dazu werden Befehle (hoch, links, runter, Hand drehen usw.) bereitgestellt. Die TN sollen dadurch spielhaft verstehen, dass Algorithmen exakte Befehle in einer definierten Reihenfolge ausführen.

Stationenlernen

In einem zweiten Einführungsmodul haben wir Beispiele für unterschiedliche KI- und Maschinenlernverfahren über vorher selektierte Webseiten auf Laptops bereitgestellt. Je nach Gruppengröße waren bis zu 8 dieser Stationen parallel verfügbar um im Wechsel von den TN ausprobiert zu werden (ca. 2 Min. / Station). Mit einem einfachen Arbeitsblatt vergeben die TN dabei Schulnoten um zu bewerten, für wie ‘intelligent’ sie die jeweiligen Tools halten. Die Ergebnisse werden im Anschluss auf einer auf dem Boden aufgeklebten Skala räumlich visualisiert. Anhand dieser Visualisierung werden die Meinungen diskutiert. Dadurch entsteht eine Auseinandersetzung mit dem Intelligenzbegriff, der eine der zentralen Herausforderungen im Verständnis des KI Begriffs darstellt.

Eine Tabelle mit den verwendeten Tools gibt es unter diesem Link. Sie reichen von Bild- und Mustererkennung bis hin zu Facetracking und dem Trainieren eines neuronalen Netzes.

Workshop 1. Wie ensteht ein Datensatz? (Arduino)

  • Autor: Maximilian Voigt
  • Verwendete Technik: Arduino Mikrocontroller, Laptops
  • Betreuungsschlüssel: 1:12
  • Dauer: 2-3h

Die Diskussion um Künstliche Intelligenz dreht sich oft vorrangig um Anwendungsmöglichkeiten und Zukunftspotentiale. Seltener wird über ihren Treibstoff gesprochen: Daten. Wie ein Datensatz entsteht, wie man mithilfe von Sensoren selbst Daten erstellen kann und welche schwerwiegenden Folgen ein Datensatz von niedriger Qualität haben kann, wird hier anhand von Hands-On-Formaten nachvollziehbar. In diesem Modul erstellen wir Datensätze mithilfe von Mikrocontrollern (Arduinos).

Das Bildungsmaterial ist hier zu finden: https://hackmd.okfn.de/s/SkWBMrcPB.

Workshop 2. Einen Chatbot selbst programmieren

  • Autorinnen: Andrea Knaut, Kathinka Richter
  • Verwendete Technik: Chatbot Software (ELIZA, Scratch) Laptops
  • Betreuungsschlüssel: 1:10
  • Dauer: 2-3h

„Hallo, ich bin dein virtueller Assistent. Wie kann ich dir behilflich sein?”

Wer ist ihnen noch nicht begegnet, den freundlichen Chatbots auf Bank-Webseiten, in Messengern oder als Teil der Sprachassistenzsysteme von Alexa bis Siri?

Das Imitationsspiel Turings, in dem ein Chatbot eine Frau nachspielt, gilt als der historische Intelligenztest für Künstliche Intelligenz. Wir schauen uns an, wie so ein Chatbot funktioniert, ab wann er als intelligent gilt, und erproben, wie kinderleicht wir uns selbst einen programmieren können.

Alle Workshopmaterialien sind hier zu finden: MeineChatbotfreundin–Workshopmaterialien.zip

Workshop 3. Gewissensbits – Ethische Fallbeispiele der Künstlichen Intelligenz

  • Autor: Gewissensbits (GI)
  • Verwendete Technik: Flipchart, Diskussion
  • Betreuungsschlüssel: 1:20
  • Dauer: 2-3h

Die vielen bunten Apps, die uns im Alltag behilflich sind, werden entworfen, programmiert und gewartet von Menschen, die sehr viel Verantwortung tragen. Haben sie Gewissensbits, wenn schon wieder irgendwo Daten leaken, Accounts gehackt wurden und das Cybermobbing floriert oder eine Lernerfolgsprognose-Software diskriminierende Schlüsse zieht? Versetzt euch in typische knifflige ethische Probleme aus dem Leben der Entwicklerinnen, Systemadministratoren, Designer, Data Scientists und Projektmanagerinnen, die die Smartphone-Welt am Laufen halten. Wie würdet ihr zum Beispiel entscheiden und handeln, wenn ihr zufällig aufgrund eines Fehlers in der Schuldatenbank auf die Abiturnoten aller Schülerinnen und Schüler stoßt?

Uns begegnen in letzten Jahren immer häufiger ethisch problematische Situationen in der Informatik. In diesem Workshop wollen wir anhand von Fallbeispielen darüber diskutieren, welche ethischen Fragen sich in der Informatik stellen und wie wir mit ihnen umgehen können. Auch werden wir die „Ethischen Leitlinien” der Gesellschaft für Informatik kennenlernen.

Unsere Fallbeispiele bestehen aus einem Szenario und etlichen Fragen. Die Szenarien werden schriftlich ausgeteilt; anschließend lesen wir die Szenarien und versuchen, anhand der Fragen die ethischen Probleme zu erkennen und mögliche Lösungen zu schildern. Jede Gruppe fertigt ein Poster an, welches das Problem erläutert. Die Poster werden zum Schluss von den Gruppen kurz präsentiert.

Es geht um das Gruppenergebnis: Wo liegen die Probleme? Was würdet Ihr tun? Die Gruppe muss sich nicht einigen!

Eine ständig erweiterte Liste aller Gewissensbits befindet sich unter: https://gewissensbits.gi.de/fallbeispiele-chronologisch/

Foto: Leonard Wolf, CC BY 4.0 Turing-Bus

Workshop 4. Das digitale Flugblatt (Raspberry Pi)

  • Autorinnen: Andrea Knaut, Kathinka Richter
  • Verwendete Technik: Flipchart, Diskussion
  • Betreuungsschlüssel: 1:20
  • Dauer: 2-3h

Das digitale Flugblatt* umfasst Anleitungen, Ablaufbeschreibung und Arbeitsblätter zur Vorbereitung und Durchführung eines Hands-On-Workshops. Hier könnt ihr lernen, wie ihr in 90 bis 180 Minuten einen Raspberry Pi Zero so konfiguriert, dass er als WLAN-Hotspot eine von euch gestaltete Webseite in Flugblattform in die nähere Umgebung sendet. Alle, die sich mit eurem Access Point verbinden, sehen sofort den Inhalt dieses digitalen Flugblatts.

Ihr lernt hierbei etwas über grundlegende Netzwerktechniken und Webdesign. Außerdem könnt ihr lernen, wie ihr andere auf euer WLAN aufmerksam machen könnt.

Der Workshop ist vor allem inspiriert durch Daniel Coopers c’t-Artikel In die Freiheit entlassen.

Hinweis für Lehrende, Aktivist*innen und Multiplikator*innen:

Mit dem digitalen Flugblatt lassen sich Inhalte ganz verschiedener Themengebiete verbinden, die mit Bildern und einfachen Gestaltungselementen aufbereitet werden. Das Flugblatt lässt sich außerdem als demokratische Aktionsform einsetzen.

Alle Workshopmaterialien sind hier zu finden: DigitalesFlugblatt–Workshopmaterialien.zip

Foto: Leonard Wolf, CC BY 4.0 Turing-Bus

Workshop 5. Robotergericht

  • Autor: Rainer Rehak
  • Verwendete Technik: Bastelmaterialien, Flipchart, Diskussion
  • Betreuungsschlüssel: 1:20
  • Dauer: ca. 2h

Ein Roboter steht vor Gericht. Er soll einem Menschen den Job weggenommen haben und muss sich nun rechtfertigen. Denn schließlich wurde ja lediglich ein Arbeitsablauf automatisiert, um schneller, sicherer und zuverlässiger zu funktionieren. Andererseits klagt die Arbeitnehmervertretung, dass eine weitere Person nun arbeitslos ist. In den Rollen von Anklage, Verteidigung und Gericht diskutieren wir über die zunehmende Automatisierung der Gesellschaft und wie wir mit ihr umgehen sollten.

Ziel dieses Workshops ist es, jenseits der extremen Idealisierung oder Verteufelung über die gesellschaftlichen Implikationen von Automatisierung nachdenken zu können. Welche Aufgaben könnten warum automatisiert werden, welche Berufe sind in Gefahr, welche Folgen hätte das für Wirtschaft bzw. Gesellschaft und mit welchen begleitenden Maßnahmen kann Automatisierung politisch sinnvoll gestaltet werden. All diese Themen können zwar nicht abschließend geklärt werden, doch eine sinnvolle Strukturierung nützlicher Fragen und Ansätze steht am Ende eines erfolgreichen Workshops.

Zunächst können sich die TeilnehmerInnen zwischen den Teams “Anklage”, “Verteidigung” und “RichterIn” entscheiden. Die ersten beiden Teams sollten gleich groß sein und großer als das letzte. Nun steht eine Kurzrecherche und Gruppendiskussion in den jeweiligen Teams an, welche Berufe oder Tätigkeiten besonders gut oder schlecht zu automatisieren sind. Kernbegriffe wie “Kreativität”, “Menschenbezug”, “Gefährlichkeit” oder “Routinearbeiten” können dabei auf Merkzetteln festgehalten werden. Danach sollten sich die Teams “Anklage” und “Verteidigung” daran machen, Argumente für ihre jeweilige Position zu finden und zu formulieren. Team “RichterIn” macht sich derweil daran, Fragen an die anderen Teams vorzubereiten sowie ggf. schon einmal Abwägungen und “vorzuschreibende” Maßnahmen vorzudiskutieren. Letztendlich muss Team “RichterIn” jedoch ein wenig spontan sein und auf die Aussagen und Argumente der anderen Teams eingehen können. Nachdem es einige Runden hin und her gegangen ist schließt Team “RichterIn” die Verhandlung und berät einige Minuten intern. Am Ende wird die Automatisierung vermutlich unter besonderen Auflagen und einzuhaltenden Regeln freigesprochen werden.

Tipps zur Durchführung des Workshops: Bei den Gruppendiskussionen muss vermutlich anfangs etwas nachgeholfen werden, insbesondere in Bezug auf das Entmystifizieren der üblicherweise zirkulierenden Studien, wonach die hälfte aller Jobs verloren gehen werden. Zudem sollte totale Ablehnung oder Befürwortung von Automatisierung durch Argumente belegt werden, damit die Workshop-TeilnehmerInnen ihre eigenen Ansichten hinterfragen bzw. begründen lernen. Bei diesem Thema ist es auch relevant, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mitzudenken: Wer profitiert von Vollautomatisierung? Was passiert mit Menschen bei einem Arbeitsplatzverlust? Wer sollte Umschulungen zahlen? Hilft ein Grundeinkommen? Ist Vollautomatisierung überhaupt realistisch?

Literaturempfehlung: Nuss, Sabine & Butollo, Florian (Hg.): Marx und die Roboter – Vernetzte Produktion, Künstliche Intelligenz und lebendige Arbeit, 2019, https://kritisch-lesen.de/rezension/der-alb-traum-von-der-menschenleeren-fabrik